Freitag, 26. Juni 2015

MLM gleich Schneeballsystem?

In diesem Beitrag möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, ob Network-Marketing generell mit dem Betreiben eines Schneeballsystems gleichzusetzen ist. Aus meiner Sicht lautet die Antwort "Nein". Man kann nicht jedes Unternehmen welches auf Networkmarketing, Multi-Level-Marketing (MLM), Strukturvertrieb als Vertriebsform setzt, als Schneeballsystem bezeichnen. Aber: Ich denke, jedes dieser Unternehmen muss sich die Frage und die Prüfung gefallen lassen ob es sich um ein Schneeballsystem handelt oder wie groß die Ähnlichkeiten mit einem solchen sind.  Und ich denke auch, dass ein sehr großer Teil der Unternehmen im Direktvertrieb unseriös sind und ein Produkt nur als Alibi definiert, zur Tarnung eines Konstrukts, welches sich hauptsächlich dem Strukturaufbau und Einnahmen aus diesem Strukturaufbau widmet. Ich denke, darum muss sich jedes Unternehmen eine Prüfung gefallen lassen. Seriöse Unternehmen sollten einer solchen Prüfung gelassen entgegensehen.


Warum reagieren Networker so empfindlich, wenn im Zusammenhang mit Networkmarketing, Multi-Level-Marketing (MLM), Strukturvertrieb die Frage nach der Nähe zum Schneeballsystem aufkommt. Dieser Vertriebsform generell oder zumindest einzelnen Network-Unternehmen gegenüber kritisch eingestellte Zeitgenossen wird vorgeworfen zu viel zu hinterfragen, zu sehr zu kritisieren und zu leichtfertig die Frage nach der Nähe zu einem Schneeballsystem zu stellen. Networker unterstellen gern, dass an ihrer Vertriebsform allgemein zu viel hinterfragt und kritisiert wird. Ist das so?

Die Realität sieht aus meiner Sicht anders aus, ganz anders. Unstrittig ist, dass sich viele Schneeballsysteme, Pyramidensysteme und auf progressive Kunden-/Vertriebler-Werbung ausgerichtete Projekte als MLM-Unternehmen tarnen. Tatsächlich gehen die Stimmen der Kritiker und Zweifler unter in dem Meer aus Werbung, Spam, Schönreden und Lügengeschichten zu verschiedenen unseriösen Networks, wie Regentropfen im Meer. Dass das so ist, liegt in der Natur der Sache. Jeder, der auf ein Unternehmen mit dieser Vertriebsform gesetzt hat und dort involviert ist, hat entweder Geld oder Zeit oder beides investiert und möchte das und natürlich auch einen Gewinn wieder raus holen. Oft auch, wenn er selbst längst einsehen musste, dass mit dem betreffenden Network etwas nicht stimmt. Deshalb wird das Unternehmen und sein(e) Produkt(e) in höchsten Tönen gelobt, gleichzeitig aber jede Kritik und jedes Hinterfragen, als Lüge, boshafte Unterstellung, Neid und Unwissen diffamiert. Dagegen ist die Masse der am betreffenden Network nicht beteiligten Menschen kaum geneigt sich mit dem Network und seinem Aufbau auseinanderzusetzen, geschweige denn sich zu äußern. Lediglich einige Insider, interessierte Beobachter und ehrliche Networker (ja, die gibt es auch), hinterfragen und kritisieren öffentlich. Bestenfalls räumen Networker dann mal ein, dass es schon mal Networks gibt, die als Schneeballsystem aufgestellt sind; selbstverständlich immer die anderen, nie das an dem man selbst beteiligt ist oder mitwirkt. Denn da denkt man nämlich aus der Not eine Tugend machen zu können, weil man annimmt, durch das Eingeständnis, es gäbe unseriöse Networks, sich selbst glaubwürdiger und das eigene Network seriöser erscheinen zu lassen.

Wann ist ein Network ein Schneeballsystem?

Der Übergang vom MLM zum Schneeballsystem ist fließend. Reine, eindeutige, auf den ersten Blick als solche erkennbare Schneeballsysteme gibt es kaum noch. Es ist üblich zur Tarnung ein Produkt zu platzieren.

Generell sind Networks mit einem Produkt, das generell Zweifel am Nutzen oder aber, wenn man einen Nutzen anzunehmen bereit ist, das zu einem extrem hohen, unrealistischen Preis angeboten wird, kritisch zu betrachten.

Ein fiktives, erdachtes Beispiel für ein unseriöses Network 


Ich starte ein Unternehmen, welches getrocknete Grashalme verkauft. Die Grashalme sind natürlich von einer "ganz besonderen" Grassorte. Dass diese auf meiner 3 ha großen Wiese wächst, ist nebensächlich. Ich denke mir ein paar "mögliche" Wirkungen der Grashalme auf seinen Besitzer aus, nicht wissenschaftlich belegt, aber das macht nichts. Eine Vielzahl von Networkern werden diese in Aussicht gestellte Wirkung dankbar aufgreifen, bestätigen und sogar noch ausschmücken, bis dahin, dass die Grashalme, Hühneraugen beseitigen, einem langjährigem Junggesellen endlich zur Liebe seines Lebens verholfen haben, das Krebsleiden ihrer Tante geheilt haben und am Aufenthaltsort seines Besitzers immer für schönes Wetter gesorgt haben.  

Zum Vertrieb:
Ich selbst möchte gern pro Grashalm 5 Euro verdienen. Mir ist natürlich klar, dass keine Menschenseele auf dieser Welt meine Grashalme kaufen wird, wenn ich sie auf klassischen Vertriebswegen anbiete. Es bleibt nur der Strukturvertrieb. Damit die Berufsnetworker in mein Projekt strömen, um mein Produkt mit den Schönsten Worten zu bewerben und anzupreisen, muss ich auch ihnen gute Gewinnaussichten bieten. Deshalb setze ich den Preis pro Grashalm auf 15 Euro fest. Jeder Networker, der mein geniales, einzigartiges und revolutionäres Produkt vertreiben möchte, muss selbst 50 Grashalme für 750 Euro monatlich erwerben. Dafür erhält er allerdings auch eine 1 Monats-Lizenz, die ihn berechtigt neue Mitglieder für das Network zu werben um an deren Umsätzen in Form von Provisionen zu verdienen. Natürlich verdient man an der Downline über mehrere Ebenen mit. Ich denke mir das so:
1. Ebene 30% Provision - 4,50 €/verkauften Grashalm   (die direkt geworbenen)
2. Ebene 15% Provision - 2,20 €/verkauften Grashalm
3. Ebene 10% Provision - 1,50 €/verkauften Grashalm
4. Ebene   6% Provision - 0,90 €/verkauften Grashalm 
5. Ebene   3% Provision - 0,45 €/verkauften Grashalm  

Ich male viele Männlein, die in Pyramidenform angeordnet sind, lasse jeden Networker sich selbst an der Spitze sehen und erkläre, wie schnell jeder zum Millionär wird, wenn nur jeder Teilnehmer 3 Neueinsteiger wirbt. Denn dann hätte jeder folgende Einnahmen:
- aus der 1. Ebene:     3 x 30% von 750 €, was     3 x 225,00 € entspricht und     675,00 € ergibt
- aus der 2. Ebene:     9 x 15% von 750 €, was     9 x 112,50 € entspricht und   1012,50 € ergibt 
- aus der 3. Ebene:   27 x 10% von 750 €, was   27 x   75,00 € entspricht und   2025,00 € ergibt  
- aus der 4. Ebene:   81 x   6% von 750 €, was   81 x   45,00 € entspricht und   3645,00 € ergibt   
- aus der 5. Ebene: 243 x   3% von 750 €, was 243 x   22,50 € entspricht und   5467,50 € ergibt 

Das würde Einnahmen in Höhe von 12.825,00 € monatlich machen. Was sind da schon die monatlich zu zahlenden 750,00 € für meine Grashalme und Lizenz. Ein Gewinn von über 12.000 Euro je Monat. Und das, wenn jeder lediglich 3 weitere Mitglieder wirbt.

So, nun mal ehrlich. Wer hält dieses Konstrukt für ein seriöses Unternehmen? Ich nicht. In meinen Augen ist das ein Schneeballsystem. Es existiert zwar ein (s.g.) Produkt, jedoch ist dieses Produkt nichts wert, extrem überteuert bzw. nur zu einem einzigen Zweck erfunden worden: Nämlich zur Tarnung des Schneeballsystems. Klar ist das Beispiel stark überspitzt, bzw. habe ich zum Verdeutlichen dessen, worauf ich hinaus will, ein besonders eindeutig wertloses und überteuertes Produkt gewählt. Aber wo liegt der Unterschied, zu stark überteuerten Getränken in kleinen Dosen, welche z.B. den Preis ähnlicher am Markt befindlicher und auf herkömmlichen Vertriebswegen veräußerten Getränken um ein Vielfaches übersteigt?

Was bezwecke ich mit diesem Beitrag? Ich hoffe, dem einen oder anderen Networker und auch Skeptiker mit meinen Überlegungen einen neuen Betrachtungswinkel und eine Diskussionsgrundlage zu bieten. Was ich grundsätzlich nicht möchte: Alle Networks und MLM-Unternehmen über einen Kamm scheren. Auch möchte ich an dieser Stelle nicht einzelne Networks anklagen. Deshalb habe ich auch auf Namen von Unternehmen verzichtet.

Kommentare sind willkommen. Wenn euch dieser Beitrag gefällt und ihr meine Ansichten teilt, aber auch wenn ihr anderer Meinung seid, würde es mich freuen, wenn ihr ihn teilt und verbreitet, um so einen größeren Diskussionsrahmen zu schaffen.

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